In einer Zeit, in der das einzig Beständige die Tatsache zu sein scheint, dass sich stets alles verändert, suchen die Menschen Orientierung. In christlichen Kreisen kursieren diesbezüglich eine Vielzahl von „Botschaften“ – manche von anonymen Verfassern, andere von sogenannten Begnadeten. Die entscheidende Frage lautet: Ist all das, was da als Wort des Himmels bezeichnet wird, wirklich wahr?
Es geht um die Unterscheidung der Geister: Woran kann man wahre Propheten oder Seher von falschen unterscheiden? Mit dieser Frage setzte sich auch die junge Kirche noch zu Lebzeiten der Apostel auseinander. Wer die apostolischen Briefe im letzten Teil der Bibel aufmerksam liest, wird bemerken, dass gerade Paulus nachdrücklich vor falschen Aposteln warnt, vor betrügerischen Arbeitern, die die Gestalt von Aposteln Christi annehmen (vgl. 2 Kor 11, 13-15). In seinem Brief an die Galater beschwört Paulus seine junge Gemeinde geradezu leidenschaftlich, nicht falschen Lehren und einem „anderen Evangelium“ nachzulaufen (vgl. Gal 1, 6ff).
Heute, nach knapp zwei Jahrtausenden, scheint dieses Problem nichts an Aktualität eingebüßt zu haben. Die kleine Herde Christi wird nicht nur herausgefordert durch den Zeitgeist und anti-christliche Ideologien. Es ist die wachsende Zahl von falschen Propheten, die der Herde auch von innen her stark zusetzen. Es sind nicht die schönen, gut klingenden Worte der falschen Propheten, die der Herde schaden, sondern die dazwischen gewobenen „giftigen“ Inhalte: Da werden Ängste geschürt und wird Misstrauen gegenüber dem rechtmäßigen Hirten (Papst) gesät, und all dies gewürzt mit Irrlehren, Falschaussagen und Verschwörungstheorien.
Es wäre jedoch falsch zu meinen, alle „Botschaften“ und Mystiker, Seher oder Begnadeten seien falsche Propheten. Ein Blick in die Kirchengeschichte zeigt, dass Gott immer durch einzelne Personen zur Menschheit gesprochen hat, um uns Rat und Führung zu geben oder auch auf Irrwege hinzuweisen. Die Kirche prüft diese Menschen und ihre „Botschaften“ mit Bedacht und Akribie. Das ist gut so! Bis das Schlusswort der Kirche über die einzelnen Begnadeten und ihre Botschaften gesprochen ist, sollten wir unbedingt den guten Rat des Apostels Paulus beherzigen: „Prüfet alles, das Gute behaltet!“ Viele jedoch behalten alles, ohne jede Prüfung.
Eine Prüfung ist nur möglich, wenn man den Glauben und die Lehre der Kirche gut kennt. Wer selten in der Heiligen Schrift liest und den Katechismus noch seltener aufschlägt, hat keine guten Karten. Wer jedoch die Evangelien verinnerlicht hat und die Demut besaß, sich die vom Heiligen Geist inspirierte Lehre der Kirche anzueignen, ist bei der Unterscheidung der Geister klar im Vorteil. Dabei sollte es aber nicht vordringlich darum gehen, falsche Propheten und „Botschaften“ harsch zu verurteilen, denn auch bei der Unterscheidung der Geister sind wir nicht dispensiert vom Gebot der Liebe. Allerdings wäre es ebenso verkehrt, andere nicht vor falschen Propheten oder falschen „Botschaften“ zu warnen nach dem Motto: „Jedem das Seine. Bin ich der Hüter meines Bruders?“ Wer feststellt, dass ein Weg zum Abgrund oder in den Sumpf führt, und andere Wanderer auf der Strecke nicht warnt, macht sich mitschuldig an ihrem Absturz oder Unfall.
Sowohl in der Heiligen Schrift als auch im Leben der Heiligen finden sich viele Anhaltspunkte und Kriterien, anhand derer wir auch heute herausfinden können, ob die aktuell kursierenden „Botschaften“ glaubwürdig sind. Wir sind eingeladen, uns von der Mutter Kirche und unseren Freunden, den Heiligen, unterrichten zu lassen. Wer sich die Mühe macht, die Unterscheidungskriterien der Kirche zu studieren, wird es gewiss nicht bereuen und feststellen, dass der „Unterricht“ viel interessanter und bereichernder ist als gedacht!
Zur Vertiefung empfehlen wir das Buch zum Thema „Unterscheidung der Geister“: Prophetie damals und heute.